Die Ile Plate, die »flache Insel«, liegt zwischen 19° 52' südlicher Breite und 57° 39' östlicher Länge, etwa 20 Seemeilen nördlich von Cap Malheureux.
Es ist eine fast kreisrunde Insel, deren Form, wenn auch viel kleiner, an die der Insel Mauritius erinnert.
Im Gegensatz zu dem, was ihr Name vermuten lässt, befinden sich im Südwesten der Insel die Überreste eines Doppelkraters, dessen Ränder zum Meer hin eingefallen sind. Die Insel ist durch eine gewaltige vulkanische Eruption entstanden, die vor zehn Millionen Jahren den Meeresboden gehoben hat, und war zunächst durch eine Landenge, die langsam im Ozean versunken ist, mit Mauritius verbunden.
Südöstlich von Plate befindet sich in unmittelbarer Nähe eine kleine öde Insel namens Gabriel. Ein Basaltfelsen mit der Form einer Pyramide ist dem östlichsten Zipfel vorgelagert und dient Seevögeln als Zufluchtsort: Pigeon House Rock. Weitere Inseln liegen in der Ferne verstreut und zeugen von dem früheren Sockel: die Ile Ronde, die Ile aux Serpents und in der Nähe der mauritischen Küste: Gunner's Quoin, Coin de Mire.
Alles auf Plate ist prachtvoll, der Himmel, das Meer, der Vulkan und die Lavafelder, das Wasser der Lagune und die Silhouette der kleinen Insel Gabriel. Sie ist nur ein schwarzer Bergkegel, der sich aus dem schimmernden Ozean erhebt, ein von Wellen umbrandeter, vom Wind verwitterter Felsen, ein gestrandetes Floß vor der grünen Küstenlinie von Mauritius. Und dennoch ist mir noch keine Landschaft so weit, so geheimnisvoll vorgekommen. Als sei die Insel nicht durch das Meer begrenzt, sondern als dehnten sich ihre Ufer für uns, die dort gleichermaßen gefangen sind, jenseits des Horizonts bis in eine Traumwelt aus.
aus dem Roman "Ein Ort fernab der Welt" von J.M.G. Le Clézio